Geschrieben am 06.08.2022 von:
Felix Thiemann
Unbezahlte Nacharbeit bei schlechter Arbeit - geht das eigentlich?
Arbeitgeber, die sich darüber ärgern, dass Mitarbeiter trotz klarer Weisungen und ausreichender Einarbeitung Ausschuss produzieren, verlangen gelegentlich unbezahlte Nacharbeit. „Nachsitzen“ sozusagen.
Geht das eigentlich?
Ich meine, nein. Denn weil der Dienst- bzw. Arbeitsvertrag anders als ein Werkvertrag nicht die Herstellung eines bestimmten Leistungserfolgs beinhaltet und weil das Arbeitsrecht keine unmittelbaren Gewährleistungsvorschriften aufweist, können Arbeitgeber, auch dann, wenn einzelne Mitarbeiter eine qualitativ unzureichende Leistung erbringen, die Arbeitsvergütung nicht mindern oder zurückhalten und auch keine unbezahlte Nacharbeit verlangen.
Fordern Arbeitgeber den Mitarbeiter zur Nachbesserung auf, so ist auch die hierfür erforderliche Zeit also auch zu vergüten.
Es gibt jedoch ggf. eine andere Möglichkeit: Führt die qualitativ schlechte, schuldhafte Arbeitsleistung zu einem nachweisbaren konkreten Schaden (hier in Höhe des für die Nacharbeit geschuldeten Lohnes), steht dem Arbeitgeber ggf. ein Schadensersatzanspruch gegen den Mitarbeiter als Verursacher zu (§§ 280 Abs. 1, 249 ff. BGB). Haben mehrere Mitarbeiter durch Schlechtarbeit einen Schaden verursacht, können und müssen die jeweiligen Verursachungsbeiträge der verschiedenen Mitarbeiter berücksichtigt werden. Mit diesem Schadensersatzanspruch wegen Schlechtleistung kann der Arbeitgeber dann gegen den Vergütungsanspruch des Mitarbeiters im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben aufrechnen (§§ 387 ff. BGB), wobei die Pfändungsfreigrenzen zu beachten sind und die Aufrechnung explizit zu erklären ist.
Allerdings sind die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung zu beachten, da die Arbeiten durch den Betrieb veranlasst sind und aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geleistet wurden. Es gilt somit grundsätzlich folgende Haftungsbeschränkung:
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit = volle Haftung, jedoch keine Existenzgefährdung, also i. d. R. Beschränkung auf zwischen drei und sechs Monatsgehälter
mittlere/normale Fahrlässigkeit = Schadensteilung
leichte Fahrlässigkeit = keine Haftung.
Bei mittlerer bzw. normaler Fahrlässigkeit kann der Arbeitgeber also ggf. den Lohn für Nacharbeit zuzüglich Arbeitgeberanteilen der Sozialversicherungsbeiträge hierfür als Schaden also anteilig geltend machen und die Aufrechnung mit der nächsten Abrechnung erklären. Ergänzend lässt sich die Schlechtleistung ggf. auch abmahnen.
ACHTUNG: Unser Blog und unsere Hinweise ersetzen keine Beratung im Einzelfall! Wir beraten und vertreten Arbeitnehmer, Führungskräfte und Personalabteilungen in allen arbeitsrechtlichen Belangen auch rund um die Themen „Durchsetzung und Abwehr von Schadensersatzansprüche im Arbeitsrecht“ gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF mailen (thiemann@berweck.de) oder per Post zusenden. Wir schauen diese für ein unverbindliches Angebot durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um das Machbare bestmöglich für Sie zu realisieren. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Geschrieben von Felix Thiemann am 06.08.2022 Zurück zur Übersicht ❯